Fleischpreis & Tierwohl

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Das Fleisch ist billig.

Den Tieren geht es schlecht.

Schlachthofmitarbeiter haben Corona.

Als Reaktion auf die aktuellen Nachrichten werden diese drei Aspekte unserer Nahrungskette aufs eigenartigste in der Forderung das Fleisch teurer zu machen verwurstet. Logisch ist das nicht. Aber die öffentliche Meinung geht, ganz und gar berechen- und nachvollziehbar, in diese Richtung.

Natürlich steht ausser Frage, dass grosse Teile unseres Wohlstandes zur Zeit im Kontext der Ausbeutung erzeugt werden. Das gleiche Prinzip herrscht hier im Bezug auf Mitmenschen, Umwelt, Klima oder Nutztiere. Es ist aber absolut möglich, den Schadanteil unseres Verhaltens erheblich zu verringern, ohne dabei dass wir dabei in unserer Lebensqualität wirkliche Abstriche machen zu müssten. In der Vergangenheit haben Menschen wiederholt solche Entwicklungs- und Fortschritte erfolgreich vollzogen: Sklaverei, Einsatz von Tiermuskel, Verbrennen von Holz gehören fast überall der Vergangenheit an.


Das werden wir auch im Hinblick darauf tun wie wir Nutztiere behandeln. Dumpingpreise sind dabei aber nicht wirklich das Problem. An dieser Schraube drehen zu wollen, bedeutet den Karren vor das Pferd zu spannen. Wenn Fleisch teurer wird heisst das nicht automatisch das Schweine dann auch mehr Platz haben. Die Lebensumstände von Nutztieren müssen auf der Basis von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und im gesellschaftlichen Konsens definiert werden. Wenn eine langfristige und verlässliche Anpassung kommuniziert wird, dann ist der wirtschaftliche Aspekt plötzlich zweitrangig. Ein Umstand an dich Menschen im Herstellungsproze anpassen. Sollte zB festgelegt werden wieviele m2 jedes Schwein zu Lebzeiten 2021, 2026 und 2031 gehabt muss, damit man sein Fleisch in Deutschland verzehren darf, dann passt sich der Markt daran automatisch an. Ob das Schnitzel dann einen anderen Preis bekommt ist eine gänzlich andere Frage. Man wundert sich, wie klug Menschen sein können wenn man ihnen durch realitätsbasierte Vorgaben einen klaren Rahmen steckt.

Wenn das so einfach ist, warum ist der Haß aufs Billigfleisch im Sommer 2020 so ein großes Thema? Emotionen. Dir Corona Infektionen bei Tönnes und Co haben die Arbeitsumstände der Arbeiter in Schlachthöfen ins Bewusstsein der Menschen gebracht. Ekel und Scham sind da ganz natürliche Reaktionen. Unmenschen leben nicht in Deutschland (oder irgendeinem anderen Land). Es war noch nie schön beim industriellen Töten. Dazu kommt, dass Tiere zerteilen, wie Kleidung nähen auch, keine Tätigkeit ist die ein Roboter schon kann. Man versucht also Profite über die Ausbeutung von Menschen zu realisieren. Das ist nicht gut und sollte durch die Anpassung des Arbeitsrechts behoben werden. Beim Fleisch bietet sich eine Auslagerung der Produktion ins Ausland nicht an.

Aber kann unsere gesamtes Verhalten im Konsens, reflektiert und langfristig überdenken: Jede Regelung sollte sich einfach am Konsum orientieren: Dinge die in Deutschland konsumiert werden sollten eine Gestehungsgeschichte haben hinter der wir als Gesamtgesellschaft auch stehen können. Das ist etwas, was man klar und unter allen Menschen verhandeln muss. Betroffene Aktivisten haben hier in der Vergangenheit ihre hehren Absichten oft einen Bärendienst erwiesen: Sie verlieren in ihrem – mir fällt nur das englisch Wort ein – Zeal die durchaus vorhandene Unterstützung der Gesamtbevölkerung.

Ähnlich wirkt hier die Kampagne gegen Billigfleisch. Wer Sushi isst braucht keine Bratwurst. Aber lecken essen wollen und sollen alle. Egal wie tief der Geldbeutel ist und welche Essenskultur gerade soziokulturell in den eigenen Kreisen dominant ist. Wenn Fleischkonsum als etwas schlimmes kommuniziert wird, das man höchsten via “Tafelspitz vom Irischen Kalb in Marinade mit Tonkabohne, frisches Wurzelbrot, an Feigensenf und Wildkräutersalat mit Johannisbeere” erleben darf, dann verliert man das Einsehen das eigentlich da ist. Wie gesagt: Auch dieses Land wird nicht von Unmenschen bewohnt.